… und als ich letztens noch dachte, dass ich diesen Beitrag deutlich früher fertig haben würde, hatte ich auch noch einen anderen Anfang. Der passt jetzt nicht mehr. Was tun? Ehrlich sein! Is immer wichtig. Also folgt jetzt die wohl schweinischste Schweineüberleitung, die dieser Blog bisher gesehen hat. Schweine machen Spuren… Spuren im Matsch… Matschfuß… ach jaaaaa! Das war ja auch noch. Und zur Erklärung, warum dieser Beitrag erst jetzt kommt: Ich hatte halt was zu tun.
Letzten Endes auch die Spuren vom Matschfuß Spring 2024 beseitigen. Davon gab es schließlich einige. Und die mussten ordentlich weg gewässert werden, nachdem der ganze Modder sich schon zu einer festen Schicht auf Rahmen und Reifen gelegt hatte.. Wasser marsch! Kalte Tropfen küssen den Avocado-farbenen Rahmen meines Rose Bonero 2, welches ich mir letztens im Sale verboten günstig gegönnt habe! Im Hintergrund scheint die Sonne und verglitzert die feinen Wassertropfen, die langsam abperlen und jeglichen mühsam gesammelten Waldboden mit sich nehmen.Unter meinem Montageständer sammelt sich ein Pfuhl aus Dreck und Erinnerungen. Ich verliere mich für einen Augenblick in dieser fast romantischen Szenerie, die von Vogelgezwitscher untermalt wird und werde erst in dem Moment zurück geholt, in dem meine Tochter mich mit einem schallenden “PAPAAAAAAAAA….” gefolgt von einer Botschaft, die ich nicht mehr verstehe, aus meinen Träumen reißt. Zurück in die Realität Jan! Und pack nochmal ‘ne Lage Reiniger aufs Bike. Da ist noch ‘n Fleck!

Und wovon nochmal? Genau… von diesem Tag Ende April, als die Gebrüder Popken, bekannt unter anderem durch ihren Plattfuß Podcast, zum gemeinsamen Schlamm Suhlen in den Wäldern der Schleswig-Holsteinischen Erdmasse aufriefen.
Matschfuß Spring ‘24 war angesagt und viele bekannte und neue Gesichter kamen, um sich von Strecken-Mastermind Nils Thomsen (aka Hackenpedder) an die Hand nehmen zu lassen und den Weg aus der eigenen Komfortzone anzutreten.
“Matschfuß soll auf 100 Kilometern Strecke Grenzen aufzeigen” soll er später dazu noch sinngemäß gesagt haben. Jo Nils… ich würde stark vermuten, dass dir das geglückt ist!
Es ist Samstag, der 27.April. Ich stehe ziemlich früh auf. Mein Bike steht schon bereit. Die Werkzeugrolle hängt am Unterrohr, die kleine Snackrolle hängt am Lenker und die beiden Getränkehalter habe ich höchst professionell mit Kabelbindern an der Gabel festgestrapst. Dass mich diese Meisterleistung später noch ärgern sollte, habe ich mir eigentlich schon fast gedacht. Trotzdem lade ich meine beiden Buddeln in die Halter, steige auf und fahre los zum Bahnhof.
Ab nach Kiel. Zwischendurch schon die ersten WhatsApp Nachrichten… Wann bist du da? Was ziehst du an? Hast du Snacks mit? Da ist offenbar noch jemand aufgeregt. Ich schicke ein Selfie zurück. Immerhin trage ich heute mein rosa Hawaiihemd mit Bananenmuster. Das will ja auch gezeigt werden.


Angekommen am Bahnhof in Kiel stelle ich schnell fest, dass heute nicht vermehrt Radfahrer, sondern auch Fußballfans unterwegs sind. Kiel spielt Zuhause. Ich drücke die Daumen und hoffe auf ein zufriedenstellendes Ergebnis. Bei der Überquerung einer Straße soll sich dann meine Kabelbinder Konstruktion zum ersten Mal als nicht ganz so optimal herausstellen. Meine Flasche schottert samt Halter über den Asphalt und wird netterweise von einer älteren Dame zu mir zurückgebracht. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle!
Ich nehme mir vor mein Machwerk gleich bei der Lille Brauerei nochmal zu überprüfen und ggf. zu optimieren. So ganz möchte ich das noch nicht aufgeben. Ankunft am Start- und Zielbogen und direkt wieder Opfer der Linse von Gunnar geworden. Kurzer Plausch mit ihm und dann sehe ich auch schon Conny, die mich wie jedes Mal mit einem typisch norddeutschen “naaaaaaaaaaaaaaaaa(aaaaa)… wie is?” begrüßt! Wir parken unsere Räder in der Halle und steuern erstmal auf die Jungs vom Velocenter zu, die sich heute für letzte Checks vor dem Start mit einer mobilen Werkstatt aufgestellt haben. Geile Nummer! Das nenne ich Service. Hier lasse ich mich mit zwei Kabelbindern ausstatten und trete den Flaschenhaltern nochmal mutig entgegen. Das wäre doch gelacht! Ratsch, Ritsch… fest! Ha!
Da geht gar nix mehr los!
Nach einem leckeren Frühstück und ein paar weiteren Begrüßungsfäusten sowie einer stürmischen Umarmung von Kiki, die ich zuletzt beim Ride 2 Rave #2 gesehen hatte, bewegt sich der Pulk an immer mehr werdenden Radfahrern jetzt zur Bühne, die in diesem Moment von Hannes und Lasse erklommen wird. Ein paar einnordende Worte, eine Schweigeminute für den verunglückten Lenni, dem diese Matschfuß Ausgabe gewidmet wurde… dann soll es auch schon losgehen.
Als kleine aber gut durchdachte Änderung fahren wir in diesem Jahr nicht alle in einem riesen Haufen los, sondern lassen uns in kleinere Gruppen von ca. 50 Fahrer*innen einteilen. Neben mir dröhnt die Soundboks, als ich noch fix die Strecke auf mein Navi lade. Connys Vorderrad gönnt sich noch 0,73 Bar mehr Luft… Unser Trio vollendet Jannis. Der hat Kabelbinder dabei!



Start frei! Die Sonne scheint entgegen der Vorhersage… wir rollen los. Erstmal raus aus Kiel, ab an den Nord-Ostsee Kanal. Die ersten Kilometer fliegen nur so dahin, genau wie meine verdammte Trinkflasche schon wieder. Beidseitig diesmal. Aber wir sind ja jetzt mit Kabelbindern versorgt. Also nochmal Flicken. Das Konstrukt wirkt mittlerweile gar nicht mehr so elegant, sondern irgendwie dahin gepfuscht… und stellt sich zwei weitere Kilometer später auch als solcher heraus. Wieder alles locker. Jetzt reicht’s! Ich bolze die Getränkehalter an den dafür vorgesehenen Rahmenplätzen fest, klemme die Flaschen wieder ein, brülle noch kurz ein grollendes “Nimm dies, Übeltäter!” in die Natur und steige wieder auf. Die närrisch dahingelachten Worte meiner Mitfahrer*innen überhöre ich. Die Flasche würde da drin niemals halten und sich safe verabschieden. Nix is! Dat hält bombenfest. Bis zum Schluss!
Jetzt heißt es erstmal Meter machen. Wieder mal haben wir uns erfolgreich vom vorderen Mittelfeld weit nach hinten durchreichen lassen. Dieser Umstand lässt Conny immer in so eine Art Trance verfallen. “Hinterrad… da… ab dafür!” schreit ihr Blick, “heyyyyy mach mal halblang” schreie ich… innerlich. Man will sich ja nicht direkt die Blöße geben! Der Flemhuder See wird auf Wiesen Trails und einer Sand Autobahn umrundet. Krummwisch kommt als nächstes unter die Räder. Alles meine Hood. Hier kenn’ ich mich aus. Diese Wege sind wie für mich gemacht. Bredenbek, Rolfshörner Holz. Und jedes Mal, sobald wir in ein Waldstück kommen die Gewissheit: Hier wirds matschig. Und doch macht die Nummer wieder mal höllisch Spaß! Das Wetter spielt mit und beschert uns Sonnenschein mit angenehmen Temperaturen. Ich lasse mich ein wenig zurückfallen. Auf dem Hardtail mit den dicken Stollen kann ich den Tritt der Anderen nicht ganz mithalten. Wiederholt betone ich, dass es okay ist, wenn die beiden weiter ballern wollen. Ich schalte in den Genießer-Modus und rolle weiter. Ich will ins Ziel kommen und ich will dabei Spaß haben!
Weiter geht’s durchs Bruxer Holz. Hier führte mich mein MTB schon 2019 öfter hin. Erinnerungen kommen hoch. Es tut gut hier mal wieder durch zu pflügen, vor allem wenn es überall nach Wald riecht. Was mir allerdings ein wenig Sorge macht, ist der fallende Energie Pegel. Kurzer Blick aufs Tacho: knapp über 40 km. Die Pause lockt bei Kilometer 62. Das sollte doch zu schaffen sein. Aber was dann? Aufhören? Nein, man! Erstmal hin da. Es soll Nudeln geben!


Angekommen am Pausenhof, fragen mich Hannes Popken und Anhang, ob noch viele nach mir kommen. Ich schätze meine Position gekonnt souverän im hinteren (also… wirklich eher hinten als mittig) Mittelfeld ein. Wird schon passen. Hauptsache die Pasta Party auf Gut Deutsch Nienhof ist noch nicht vorbei. Ich rolle auf den Hof, lege mein Bike ab und drehe mich erstmal einmal im Kreis!
Schön hier! Ich sehe lächelnde Gesichter, ich sehe Gunnar, der mit seiner Kamera die ausgelassene Stimmung einfängt und ich lausche den Klängen eines sympathischen Gitarren-Duos. Die Schlange am Fressstand ist erfreulich kurz. Mit einem Kaffee bewaffnet reihe ich mich ein und gönne mir letztendlich eine schöne Portion der extra fürs Matschfuss gefertigten Spirelli. Danach fülle ich meine Flaschen und meinen körpereigenen Flüssigkeitsvorrat bei Wittenseer wieder auf und esse mit Kiki und anderen Genießern Kuchen in der Sonne!
“Livin la vida” sagt der Enrico!
Und dann ist auch die Power wieder da. Knappe 40km bis zum Schluss. Das sollte doch drin sein.
Blumenthal ist der nächste Ort, dessen Name zumindest auf einer Autobahnabfahrt der gerade gekreuzten A215 steht. Wir verlassen den wunderbaren Naturpark Westensee und finden uns kurze Zeit später in einer weiteren schönen Ecke wieder.
Der Eidertal Wanderweg. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich diese große Weide überqueren darf, um den Holzwegen zu folgen und die Eider auf einer kleinen Brücke zu überqueren. Und das Beste daran ist, dass in diesem Fall das Ziel in Kiel schon wieder in greifbarer Nähe steht. Mit diesem Gedanken gefüttert, trampelt es sich direkt nochmal so gut durch Flintbek, nochmal an der Eider entlang und weiter über grüne Wege, bis ich irgendwann ein Schild mit der Aufschrift “Kiel Russee 3 km“ entdecke. Weit kann es also echt nicht mehr sein, auch wenn mir die Umgebung noch viel zu grün vorkommt. Ich habe mittlerweile wieder einen Pulk aus Menschen um mich herum, die mit mir bereits über 90 km Matsch Piste, umgestürzte und gefällte Bäume sowie teils knackige Anstiege hinter sich gelassen haben. Alles für den Moment, der uns in rund 10km erwartet. Der finale Abklatsch mit den Popkens am Zieltor.
Ja, Man! Da wollen wir hin, da rollen wir hin. Aber irgendwie war das doch alles zu schön, um wirklich wahr zu sein! Der letzte Schuhauszieher wartete schon. Hinterlistig getarnt als saftig grüne Wiese rund um die Speckenbeker Au entpuppte sich dieses nur etwa 300m lange Stück als wahrer Endgegner für alle, deren Füße bislang wie durch ein Wunder noch trocken geblieben sind. Ein Untergrund, der die Bezeichnung “Grund” schon gar nicht mehr verdient hat. Ein Moloch aus Wasser und Schlamm mit der Konsistenz von frischer Kuhkacke.
Gleich reihenweise fallen Sie, zumindest bildlich, müssen absteigen, schieben ihr Bike. Auch ich. Und so hat das Matschfuß dann doch wieder gewonnen. Die Vans waren nach den unzähligen Pfützen, die ich nicht zuletzt dank der Challenge von Lasse verstärkt durchquert hatte, eh schon nass. Jetzt dann auch noch Schlamm bepackt bis zum Knöchel.



Aber genau so muss das sein! Und jetzt machen wir wirklich Schluss! Die letzten Meter grün, dann kotzt uns der Weg unverhofft auf der Rendsburger Landstraße aus. Von hier noch ein paar Pedalumdrehungen zur Veloroute 10, der Rest läuft von allein!
Ich biege wieder auf den Hof der Lille Brauerei ein und hole mir meinen Patch sowie die Fäuste von Hannes und Lasse ab. Breit grinsend schiebe ich mein Bike zurück in die Halle und steuere direkt auf den Lille Tresen zu. Ein Radler, ein Helles und ne Limo. Das hab ich mir jetzt verdient. Conny und Jannis steuern auf mich zu, wir stoßen an und feiern unseren Erfolg. Danke Matschfuss! Du warst wieder gut zu uns!
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